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Digitalpakt#D + Digitale Bildungsoffensive = digitale Kompetenzen für alle?

Das Megathema, das kurz- und mittelfristig viele Politikbereiche bestimmen wird, ist die Digitalisierung. Um auch die Digitalisierung der betrieblichen Berufsausbildung voranzubringen, ist im Koalitionsvertrag unter anderem die Weiterentwicklung von Ausbildungsordnungen vorgesehen. Außerdem will die neue Bundesregierung Maßnahmen zur digitalen Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften an berufsbildenden Schulen ergreifen und die Weiterbildung von betrieblichen Ausbilderinnen und Ausbildern stärken. Schließlich soll die flächendeckende digitale Ausstattung aller Schulen gesichert werden.

In dieser Hinsicht haben viele Berufsschulen noch großen Nachholbedarf. Voraussetzung für zeitgemäße digitale Lernangebote sind nämlich Hard- und Softwareausstattung, ein stabiles, flächendeckendes WLAN-Netz sowie eine flexible Raumgestaltung. Bei geplanten Neubauten (siehe das Beispiel Berufsschule I in Aschaffenburg) sollte dies schon heute berücksichtigt werden. Aber auch durch die Sanierung bestehender Gebäude ist eine zukunftsgerechte Ausgestaltung möglich, da Nutzflächen für klassische Lernorte wie Gruppenlernräume oder Präsenzbibliotheken an Bedeutung verlieren.

Neben der Ausstattung (Hardware, Räume, Software), ist vor allem der sinnvolle Einsatz digitaler Lernmedien entscheidend. Hierfür braucht es geeignete digitale Lerninhalte und didaktische Settings. In der beruflichen Aus- und Weiterbildung haben sich hierbei vor allem Konzepte bewährt, die Arbeits- und Lernprozesse flexibel verknüpfen und Lernen als Bestandteil des beruflichen Handelns verankern. So können Realitätsbezug und Arbeitsprozessnähe sichergestellt und die Potenziale digitaler Medien zur Simulation abstrakter, nicht haptisch erfahrbarer Lerninhalte genutzt werden, wie z.B. im „Hybrid-Lernkonzept Hochvolttechnik“. Neben Schülerinnen und Schülern müssen auch die Lehrkräfte mit den digitalen Lernformaten umgehen können. Wie eine solche Qualifizierung des Fachpersonals gelingen kann, wurde vom f-bb für die Automobilbranche getestet.

Erfolgskritisch für die Umsetzung der Digitalisierung in der Berufsbildung ist schließlich der Lernort Betrieb. Gerade kleine und mittlere Unternehmen haben dabei Unterstützungsbedarf. Mit Programmen wie JOBSTARTER plus oder unternehmensWert:Mensch bestehen bereits heute Förderinstrumente des Bundes, die die Schaffung von regionalen Unterstützungsstrukturen für KMU zum Ziel haben, und dabei auch die Digitalisierung in den Blick nehmen. Die wissenschaftliche Begleitung hat gezeigt, dass Vernetzung, Austausch sowie professionelle Beratungsstrukturen wichtige Voraussetzungen sind, damit KMU den Anschluss an die Digitalisierung halten können.

Das duale Ausbildungssystem kann im Zusammenspiel mit den zahlreichen regional verteilten KMU als Rückgrat der deutschen Wirtschaft angesehen werden. Aber nur wenn alle Akteure flexibel auf die Bedürfnisse des Markts reagieren, kann dieses Erfolgsmodell seine Stärken voll ausspielen. Ob Vertrieb im Netz oder Gewinnung entsprechend geschulter Nachwuchskräfte - die digitalen Aktivitäten der Betriebe werden immer wichtiger. Vor diesem Hintergrund wird es spannend sein zu beobachten, ob und wie die im Koalitionsvertrag angekündigten Maßnahmen umgesetzt werden.

Dr. Matthias Kohl