Ob Ticketkauf für den öffentlichen Nahverkehr, Terminvergabe bei Behörden oder Bankgeschäfte, für viele, die nicht oder nur unzureichend lesen und schreiben können, stellt die zunehmende Digitalisierung von Alltagssituationen eine Herausforderung dar. Denn "digital literacy" und damit die Fähigkeit, sich sicher, selbstbestimmt und verantwortungsbewusst im digitalen Raum zu bewegen, ist inzwischen Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe.

Aufgabe der Grundbildung und Deutschförderung ist es daher, neben Lesen und Schreiben auch digitale Kompetenzen zu vermitteln. Lehrenden fehlen allerdings oft die notwendigen medienpädagogischen Kompetenzen, um Kursangebote zur integrierten Förderung von (Schrift-)Sprache und digitaler Grundbildung umzusetzen. Benötigt werden zielgruppengerechte Lehr-/Lernmaterialien, Praxishilfen für eine abwechslungsreiche Unterrichtsgestaltung und frei zugängliche Fortbildungsangebote.

Hier setzt die Plattform "DIGIalpha" an, die im gleichnamigen Projekt entwickelt wurde und unter www.digialpha.de abrufbar ist:

• Mit einem Selbst-Test können Lernende ihre digitalen Kompetenzen einschätzen und erhalten eine Empfehlung für ihren individuellen Lernweg.
• Auf unterschiedliche Niveaus zugeschnittene Lernbausteine vermitteln digitalen Neulingen die Grundlagen der Internetrecherche, den Umgang mit Apps und die Nutzung kostenloser E-Mail-Programme. Schritt-für-Schritt-Anleitungen mit Videos und Texten in einfacher Sprache fördern durch spielerische Übungen digitale Kompetenzen in Verbindung mit Lese- und Schreibfähigkeiten und sensibilisieren die Lernenden ganz nebenbei z.B. für Kostenfallen im Internet. Die Visualisierung durch Videos und Worterklärungen erleichtern auch Zweitsprachler*innen mit geringen Deutschkenntnissen und Lernenden mit niedrigem Alpha-Level den Zugang zu den Inhalten.
• Digital Fortgeschrittene erfahren, wie sie Apps als Lern- und Alltagshelfer nutzen können. Eine App-Auswahl fördert den gezielten und reflektierten Umgang mit solchen digitalen Anwendungen und regt zum informellen, selbstgesteuerten Lernen an; z.B. helfen Text-Sprache-Konverter Lernenden komplexe Texte zu verstehen.

Lehrkräfte erhalten im Rahmen einer Online-Fortbildung Hinweise zum Einsatz der auf der DIGIalpha-Plattform bereitgestellten Lehr-/Lernmaterialien. Ein „Methodenkoffer“ mit empfehlenswerten digitalen Anwendungen, Unterrichtsleitfäden mit Ablaufplänen und Übungsvorschlägen sowie Learning Nuggets mit Bedienungshilfen und Vorschlägen zum Einsatz digitaler Werkzeuge unterstützen die Lehrenden bei der digital gestützten Lernprozessbegleitung.

Die Materialien haben sich bereits in der Erprobung in Grundbildungszentren und im „Bildungsjahr für erwachsene Flüchtlinge mit keinen oder geringen Schreib- und Lesekenntnissen“ (BEF Alpha) in Baden-Württemberg bewährt. Aus Sicht von Lehrkräften ist die digitale Anreicherung des Unterrichts für sie selbst wie für die Lernenden motivierend und „nicht nur für die Alphabetisierung, sondern auch für den Spracherwerb ein Gewinn“. Mit digitalen Tools kann man zum Beispiel gut binnendifferenzieren. Ein weiterer Vorteil: Teilnehmende können mit digitalisierten Unterrichtsmaterialien zuhause weiterarbeiten. Dass Lernende von den DIGIalpha-Lehr-/Lernmaterialien profitieren, zeigten auch ihre positiven Rückmeldungen: „Die [DIGIalpha] Seite ist interessant aufgebaut. Die Grafik ist toll. Das Ganze ist echt gut gemacht. Der Text ist nett und einfach geschrieben. Man kann das nicht nur lesen, es gibt auch Videos. Das war gut.“ Sie geben unter anderem an, motivierende Lernerfahrungen gemacht und neue Einsatzbereiche von digitalen Anwendungen kennengelernt zu haben.

Die DIGIalpha-Plattform wurde vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) im Auftrag des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg in enger Rückkopplung mit Lehrenden und Lernenden konzipiert und realisiert.