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Auf dem Niveau von Newcomern und Entwicklern

Bildungspersonal schätzt eigene digitale Kompetenzen als gering ein

Die Digitalisierung ist immer noch nicht beim Bildungspersonal angekommen. Das bestätigt eine aktuelle f-bb-Befragung, die unter Ausbilderinnen und Ausbildern in der beruflichen Rehabilitation durchgeführt wurde. Die Beschäftigten sollten sich dabei in den sechs Kompetenzbereichen des Europäischen Referenzrahmens für die digitale Kompetenz von Lehrkräften (DigCompEdu) verorten. Hauptsächlich schätzten sie ihre digitalen Fähigkeiten und Fertigkeiten auf den unteren Niveaustufen A1 (Newcomer) bis B1 (Entwickler) ein.

Ein Grund für den Befund ist, dass die vorhandene Ausstattung als (eher) unzureichend beurteilt wird. Hierin stimmen sowohl die Beschäftigten als auch die Führungskräfte überein. Die Geräte, die zur Verfügung stehen, werden lediglich für Internet-Recherchen oder die maschinen- bzw. softwarespezifische Qualifizierung genutzt. Innovativere Formen des Lernens wie Selbstlernen, virtueller Unterricht, Projektarbeiten oder Nutzung von Lernmanagementsystemen (wie z. B. Moodle) werden seltener genutzt. Damit decken sich die Ergebnisse im Bereich Ausbildung in der beruflichen Rehabilitation mit dem, was für den Medieneinsatz in der Berufsschule ermittelt wurde.

Wie lassen sich die Potenziale digitaler Technologien für die berufliche Aus- und Weiterbildung besser nutzen? Hier haben sich – unabhängig davon, ob der Einsatz im Betrieb, beim Bildungsdienstleister oder in der Berufsschule vorgesehen ist – mehrere Maßnahmen als förderlich erwiesen: Zentrale Voraussetzung ist eine lern- und innovationsförderliche Organisationskultur. Dabei spielt die Führungsebene eine wichtige Rolle, z. B. als Treiber bei der Nutzung digitaler Tools. Zweitens muss die Organisation eine Digitalisierungsstrategie erarbeiten, die Ziele und verfügbare Ressourcen verbindlich definiert, ein Medienkonzept einschließt und damit die Basis für die interne Steuerung und Kommunikation darstellt. Organisationen, die über geringe interne Ressourcen in diesem Bereich verfügen, können sich für die Erarbeitung einer solchen Strategie externe Unterstützung holen. Entsprechende Dienstleister können durch ihre Kompetenz und Erfahrung drittens mittel- und langfristig hilfreiche Begleiter sein.

Sind die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen, müssen konkrete Maßnahmen folgen. Um digitale Medien in der Aus- und Weiterbildung nutzen zu können, gilt es zunächst die erforderlichen materiellen Ressourcen bereitzustellen. Dazu gehören Tablets, ein für alle Lehrenden und Lernenden geöffnetes WLAN mit ausreichender Bandbreite, geschützte Lernräume etc. Auch für Administration und Support müssen Ressourcen vorgesehen werden. Darüber hinaus muss Akzeptanz für die Mediennutzung geschaffen werden. Lehr-Lern-Prozesse können ohne das Engagement aller Beteiligten nicht gelingen. Aufgabe der Führungskräfte ist es, für die Umsetzung der Innovationen – die zunächst immer mit zusätzlichem Aufwand verbunden ist – zu motivieren.

Schließlich muss das Bildungspersonal (weiter-)qualifiziert werden. Statt lehrgangsförmiger Angebote sollten dafür vor allem praxisnahe und arbeitsprozessintegrierte Weiterbildungsansätze genutzt werden. Es muss deutlich werden, dass der Einsatz digitaler Medien kein Selbstzweck ist: Ihre Potenziale entfalten Videos, interaktive Lernumgebungen und Kollaborationstools wie Wikis, wenn sie Lernende motivieren und Lernprozesse erleichtern. Dies gelingt vor allem, wenn sie Handlungsabläufe realistisch abbilden und erfahrbar machen oder die gemeinsame Wissensproduktion anregen.

  Dr. Matthias Kohl

  Eva Rothaug