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Fachkräftesicherung – Mit einer Nationalen Weiterbildungsstrategie fit für die Zukunft?

Großes Augenmerk wird im Koalitionsvertrag auf die Fachkräftesicherung gelegt. In vielen Regionen und Branchen klagen Betriebe bereits heute über einen Mangel an qualifiziertem Personal. Durch den demographischen Wandel, alternde Belegschaften und das Fehlen qualifizierten Nachwuchses wird sich die Problemlage hier mittel- und langfristig weiter verschärfen. Auch die Digitalisierung der Arbeitswelt erfordert die Herausbildung neuer Kompetenzen und Organisationsmodelle. Daher ist es zu begrüßen, dass die Politik ihr Engagement erhöhen und weitere Instrumente lebensbegleitenden Lernens bereitstellen will. Im Raum steht eine Drei-Säulen-Strategie, die auf die Aktivierung inländischer, innereuropäischer und internationaler Potenziale abzielt. Große Hoffnungen werden dabei in die Entwicklung einer Nationalen Weiterbildungsstrategie gesetzt.

Doch der Koalitionsvertrag bleibt in der Ausbuchstabierung der Weiterbildungsstrategie vage. So sollen grundsätzlich die Anzahl der Aufstiegs- und Weiterbildungsstipendien gesteigert, die Transparenz auf dem Weiterbildungsmarkt erhöht und die Weiterbildungsprogramme von Bund und Ländern gebündelt werden. Bestrebungen in diese Richtung wären ein wichtiges Signal, haben wir es in Deutschland doch mit einem Flickenteppich an gesetzlichen Bestimmungen und Weiterbildungsprogrammen für unterschiedliche Zielgruppen zu tun. So existieren in 14 Bundesländern Bildungsfreistellungsgesetze, die den Arbeitnehmern/innen die Möglichkeit geben, für eine Weiterbildung fünf bzw. zehn Tage – unter Fortzahlung der Löhne und Gehälter – vom Arbeitgeber freigestellt zu werden. In zwei Bundesländern gibt es ein solches Angebot nicht. Doch welchen Beitrag leisten diese nachfrageorientierten Förderprogramme zur Fachkräftesicherung? Systematische Erkenntnisse fehlen weitestgehend. Weitere Instrumente, wie die vom f-bb derzeit evaluierte Bildungsprämie des Bundes stehen in der Kritik, Geringqualifizierte nicht zu erreichen und für Weiterbildungsanbieter zu bürokratisch zu sein. Ähnliches gilt für die Bildungsgutscheine, die in verschiedener Form in allen Bundesländern außer Bayern und Berlin existieren und die Unübersichtlichkeit der Angebotslandschaft fördern.

Wichtigste Akteure zur Sicherung der Fachkräfte sind jedoch die Betriebe. Sie investieren laut einer Studie des IW Köln jährlich 33,5 Milliarden Euro in betriebliche Weiterbildung. Darum wäre es naheliegend, Weiterbildungsstrategien verstärkt auch dort zu unterstützen. Im Rahmen eines Programmmonitorings zur Stärkung betrieblicher Weiterbildungsstrategien konnte das f-bb feststellen, dass es insbesondere struktureller Veränderungen in den Firmen bedarf, u.a. einer offenen Unternehmenskultur, um das Thema betriebliche Weiterbildung nachhaltig und strategisch im Betrieb so zu verankern, dass den flexiblen Anforderungen des Marktes entsprochen werden kann. Gleichzeitig kann sich die sozialpartnerschaftliche Flankierung der Umsetzung, beispielsweise durch Beiräte, positiv auf die Verstetigung und den Transfer innerhalb von Branchen auswirken.

Im Ergebnis sollte über die Stärkung nachfrageorientierter Programme nicht vergessen werden, auch angebotsorientierte Ansätze der Weiterbildungsförderung zu intensivieren. Öffentliche Mittel spielen hier bisher eine eher untergeordnete Rolle. Neben der Stärkung von Anbietern für Fort- und Weiterbildung, z.B. im Bereich der Digitalisierung, sollten auch Langzeitarbeitslose, Migrantinnen und Migranten sowie Beschäftigte in Hilfsarbeitertätigkeiten, also Gruppen mit hohem Weiterbildungspotenzial, verstärkt und zielgerichtet angesprochen werden. Auch Fachkräfte, deren Berufe z.B: aufgrund der Digitalisierung unter Veränderungsdruck stehen, gehören stärker ins Blickfeld. Überbetriebliche Weiterbildung kann helfen, die Anforderungen von morgen zu meistern.

Gunda Fischer


Kristin Hecker