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"Nicht über uns - ohne uns!"

Partizipative Forschung für mehr Inklusion und Barrierefreiheit

Der Mensch im Mittelpunkt von Forschung und Entwicklung

Digitale Technologien und Künstliche Intelligenz bieten enorme Potenziale, um die soziale und berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Doch diese Chancen sind nicht gleich verteilt. Besonders Menschen mit psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen sind nach wie vor stark von digitaler Ausgrenzung betroffen. Umso wichtiger ist es, digitale Teilhabe nicht nur als technischen Zugang zu verstehen, sondern als sozialen Prozess, der echte Mitgestaltung ermöglicht. Daher ist ein zentrales Anliegen aktueller Forschung, Menschen mit Behinderungen als Expertinnen und Experten in eigener Sache einzubeziehen – nicht nachträglich, sondern von Anfang an. Denn nur so lassen sich digitale Bildungs- und Arbeitsprozesse entwickeln, die tatsächlich an den Bedürfnissen der Zielgruppen ausgerichtet sind. Partizipation bedeutet dabei mehr als Befragung – sie meint aktive Mitgestaltung auf Augenhöhe.

Im Rahmen des Projekts "digitaleTeilhaBe" des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung (f-bb), gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Initiative INSIGHT, wurde ein partizipativer Forschungsansatz verfolgt. Neben einer quantitativen Online-Befragung wurden qualitative Interviews und drei Zukunftswerkstätten durchgeführt. In diesen Werkstätten konnten Menschen mit Behinderungen gemeinsam mit Fachkräften, Leistungsträgern und weiteren Akteuren aktiv und auf Augenhöhe Kritik äußern, Utopien entwerfen und konkrete Lösungsideen entwickeln. Die Ergebnisse flossen direkt in die Entwicklung von Handlungsempfehlungen und Leitfäden ein.

Exkurs: Literaturhinweis zum Praxisleitfaden

Ein Überblick über die konkreten Ergebnisse sowie ganz praktische Lösungsansätze, die Handlungsmöglichkeiten für Betroffene sowie Fachkräfte in der beruflichen Rehabilitation eröffnen können, finden Sie im Praxisleitfaden des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung "Barrieren digitaler Teilhabe erkennen und überwinden" (kostenfrei digital abrufbar)

Warum Partizipation mehr ist als ein methodischer Ansatz

Partizipative Forschung stärkt unter anderem die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen. Doch die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen ist nicht nur ethisch geboten, sondern auch fachlich notwendig. Denn wer könnte besser beurteilen, welche digitalen Tools funktionieren, welche Barrieren bestehen oder welche Unterstützungsformen sinnvoll sind, als die Menschen, die es betrifft? Partizipation schützt vor Fehlinterpretationen oder -entwicklungen, die aus gut gemeinten, aber realitätsfernen Annahmen entstehen. Sie verhindert, dass Lösungen an den Bedürfnissen vorbeigehen – und sie stärkt letztlich auch das Vertrauen in die Ergebnisse. Darüber hinaus bringt Partizipation neue Perspektiven in die Forschung ein. Unterschiedliche Sichtweisen fördern kreative und innovative Ansätze und helfen, blinde Flecken zu vermeiden. Und nicht zuletzt eröffnet sie auch wirtschaftliche Potenziale, denn barrierefreie Produkte und Dienstleistungen erschließen neue Zielgruppen und Märkte.

Was es braucht, damit Partizipation gelingt

Die Umsetzung partizipativer Forschung ist anspruchsvoll – gerade weil die Anforderungen an Barrierefreiheit sehr vielfältig sind. Denn Menschen mit körperlichen, sensorischen, psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen haben unterschiedliche Bedarfe. Deshalb muss Barrierefreiheit in allen Bereichen mitgedacht werden: bei der Auswahl von zugänglichen und reizarmen Räumlichkeiten, bei der Wahl der Methoden bei der Gestaltung von Dokumenten und Instrumenten sowie bei der Kommunikation. Und nicht zuletzt braucht es ausreichend Personal, das Teilnehmende unterstützen kann. Partizipation ist kein Selbstläufer. Sie erfordert Zeit, Ressourcen und eine klare Haltung. Wichtig sind vor allem gegenseitige Wertschätzung, Vertrauen und die Bereitschaft, sich auf neue Perspektiven einzulassen. Auch die Sprache spielt eine Rolle – sie sollte inklusiv, verständlich und respektvoll sein. Und nicht zuletzt sind finanzielle Mittel notwendig, um Beteiligung zu ermöglichen – etwa durch Honorare, Assistenzleistungen oder barrierefreie Technik.

Doch der Aufwand lohnt sich: Denn partizipative Forschung führt zu besseren Ergebnissen – fachlich, ethisch und gesellschaftlich. Wer echte Teilhabe ermöglichen will, muss Menschen mit Behinderungen nicht nur mitdenken, sondern mitentscheiden lassen. Denn echte Inklusion beginnt dort, wo Menschen nicht nur gefragt, sondern gehört werden.

Wollen Sie mehr wissen? Dann sind auch die anderen InfoForum-Artikel zu "Inklusive Praxis in der Projektarbeit – Gestaltungsanregungen für einen nachhaltigen Haltungswandel" und "Barrierefreie Wege in eine inklusive digitale Zukunft – Digitale Teilhabe mit System" für Sie interessant.