InfoForum 04/2025
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Raus aus der grünen Ecke
Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung ganzheitlich denken und umsetzen

Nachhaltigkeit ist für Unternehmen kein Add-on und betrachtet nicht nur die ökologische Dimension. Es ist vielmehr die zentrale Strategie, um Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen – in Bezug auf ökonomische, ökologische und soziale Aspekte.
Drei Dimensionen – ein Ziel
Die ökologische Dimension ist oft die sichtbarste: Ressourcenschonung, Klimaschutz und Umweltbewusstsein sind mittlerweile in vielen Ausbildungsberufen verankert. Doch Nachhaltigkeit endet nicht beim Recycling oder der Energieeffizienz.
Die ökonomische Dimension betont die langfristige Tragfähigkeit wirtschaftlicher Entscheidungen. Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet, Prozesse so zu gestalten, dass sie nicht nur kurzfristig profitabel, sondern auch langfristig stabil und verantwortungsvoll sind – etwa durch faire Lieferketten, regionale Wertschöpfung oder Investitionen in Weiterbildung.
Die soziale Dimension schließlich ist die Basis für gesellschaftlichen Zusammenhalt: Gerechte Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit, Mitbestimmung und Teilhabe sind zentrale Aspekte. Gerade in der beruflichen Bildung zeigt sich, wie wichtig es ist, junge Menschen für diese Werte zu sensibilisieren und sie zu befähigen, aktiv an einer nachhaltigen Arbeitswelt mitzuwirken.
Alle drei Dimensionen sind miteinander verflochten. Unternehmen, die soziale Aspekte außer Acht lassen, tun sich schwer Fachkräfte zu finden bzw. zu binden. Wer ökologische Aspekte vernachlässigt (z.B. Energieeinsparungen, erneuerbare Energien) hat langfristig ökonomische Einbußen. Zukunftsfähigkeit bedeutet, alle drei Dimensionen ausgewogen zu berücksichtigen, um dauerhaft erfolgreich, verantwortungsvoll und resilient zu sein.
Zukunftsfähigkeit beginnt in der Ausbildung
Die berufliche Bildung spielt eine Schlüsselrolle: Sie bereitet junge Menschen auf die Anforderungen der Arbeitswelt vor – und damit auch auf die Potenziale einer nachhaltigen Entwicklung. Seit 2021 ist die Standardberufsbildposition „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ in allen neuen Ausbildungsordnungen verankert. Das ist ein wichtiger Schritt – doch die Umsetzung in der Praxis erfordert mehr: Ausbilder*innen, Lehrkräfte und Bildungsträger müssen befähigt werden, die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit konkret und berufsbezogen zu vermitteln.
Hier knüpft das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) mit dem Projekt BBNE-EcoNet. Nachhaltig im Beruf an. Die Grundlage für die Ausrichtung der Ausbildung an Nachhaltigkeitsprinzipien ist die Qualifizierung des ausbildenden Personals zu den drei Dimensionen und den Standardberufsbildpositionen (StBBP). Dabei legt das Projekt viel Wert auf einen gestaltungsorientierten Ansatz und die Selbstwirksamkeit der Akteure: Ausbilder*innen und Azubis sollen in der Lage sein, eigene Ideen zu entwickeln und umzusetzen – zugeschnitten auf das Unternehmen, bisherigen Ansätzen und den Ressourcen.
Unser Workshop bei der Firma Pilz, einem Unternehmen in der Automatisierungstechnik, war Teil der Einführungswoche für neue Azubis. Hier wurden zunächst die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, die Standardberufsbildpositionen, der Umgang mit Zielkonflikten und Bezüge zur Ausbildung besprochen. Im Anschluss folgte die Ideenschmiede: hier werden Ideen für den Arbeitsalltag entwickelt und die Umsetzbarkeit bewertet. So werden nicht nur fachliche Kompetenzen sondern auch Gestaltungskompetenzen vermittelt sowie der Transfer zwischen Theorie und Praxis gefördert.
Ein weiteres Unternehmensbeispiel zeigt, dass die Unterstützung wirkt. Jule Isele von der Feinwerktechnik hago GmbH sagt: „Das Team des Netzwerks BBNE EcoNet hat uns unterstützt, das Thema Nachhaltigkeit in unser Ausbildungswesen zu integrieren. Mithilfe der Expertise konnten wir kompakte Schulungen erarbeiten und fest in den Alltag einbinden. So haben wir die Grundlage geschaffen, Nachhaltigkeit in seinen vielen Facetten mit unseren Auszubildenden und Studierenden immer wieder aufzugreifen.“
Nachhaltigkeit als Bildungsauftrag
Die berufliche Bildung hat das Potenzial, nachhaltiges Denken und Handeln tief in der Gesellschaft und der Arbeitswelt zu verankern. Die Auszubildenden lernen, Nachhaltigkeit als integrativen Bestandteil ihres Berufsalltags zu sehen. Dafür müssen nicht nur alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit vermittelt werden, sondern auch Strategien zur Umsetzung sowie der Umgang mit Zielkonflikten. Ein Beispiel: Die Investition in Weiterbildung oder Teambuildingmaßnahmen (soziale Nachhaltigkeit) kosten zunächst Geld und reduzieren kurzfristig die Produktivität (ökonomische Nachhaltigkeit). Ausbilder*innen müssen entscheiden und ggf. auch argumentieren, ob sich die Investition lohnt – und das vor dem Hintergrund der aktuellen Lage des Unternehmens. Eine Entscheidung für Teambuilding und Weiterbildung fällt dann leichter, wenn sich das Unternehmen in einer finanziell soliden Situation befindet. Auch die Betrachtungshorizonte spielen dabei eine Rolle. Kurzfristig gedacht ist der Gewinn relativ gering, langfristig zahlt es jedoch auf die Mitarbeiterbindung und -gewinnung, gut ausgebildeter
Fachkräfte und ein Team mit funktionierender Kommunikationskultur ein. So entsteht eine Arbeitswelt, die nicht nur effizient und produktiv ist, sondern auch gerecht, resilient und zukunftsfähig.
An dieser Stelle treten die Weiterbildungsanbieter in den Fokus. Denn sie liefern Informationen, Orientierung, Qualifizierungsangebote und Begleitung. Im Bereich der beruflichen Bildung wird derzeit der Großteil über Förderprogramme bereitgestellt, BBNE-EcoNet arbeitet zusammen mit den Bildungswerken der Wirtschaft daran, ein breites Verständnis von BBNE zu implementieren und entsprechende Angebote sichtbar zur Verfügung zu stellen.
Zum Projekt
Das Verbundprojekt wird gemeinsam vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb), dem Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft und dem Bildungswerk er Sächsischen Wirtschaft umgesetzt. Das Projekt wird im Rahmen des Förderprogramms „Nachhaltig im Beruf – zukunftsorientiert ausbilden“ durch das Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend und die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert.

