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Neuer Test bringt Licht ins Dunkel - Kompetenzen feststellen bei Personen ohne Berufsabschluss

Geflüchtete, Zugewanderte und Arbeitsuchende ohne formalen Berufsabschluss können mit Hilfe des neu entwickelten Testverfahrens MYSKILLS besser in den Arbeitsmarkt integriert werden. Besonderer Vorteil dabei: Alle Checks werden in jeweils sechs Sprachen angeboten. Das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) ist wissenschaftlicher Projektpartner und hat die Einführung der Verfahren in einer zuvor durchgeführten Erprobungsphase eng begleitet.

Von großem Nutzen kann der MYSKILLS-Test insbesondere in Branchen und Berufen sein, die Schwierigkeiten bei der Besetzung von Stellen haben. Ein Beispiel stellt der Einzelhandel dar: Nachwuchs-Verkäuferinnen und Nachwuchs-Verkäufer sind derzeit Mangelware. Es gibt zu wenige Interessenten mit Abschluss und zu wenige Auszubildende, von denen sich dann auch noch viele weiterqualifizieren und den Verkauf nur als Zwischenstation betrachten. Dazu kommt noch der Trend zur Akademisierung – das sind nur einige der Gründe, die der Branche Kopfzerbrechen bereiten. Gleichzeitig sind viele Arbeitsuchende bereits mehrere Jahre in einem Beruf tätig, ohne zuvor eine Ausbildung abgeschlossen zu haben. Trotz fehlender formaler Qualifikation verfügen sie über berufliches Können. Auch Geflüchtete bringen häufig berufliche Kompetenzen mit, können dafür aber keine Nachweise vorlegen. Es gibt beispielsweise viele Geflüchtete mit fünf oder mehr Jahren Berufserfahrung im Handel, die den Wunsch und Willen haben, sich in Deutschland beruflich etwas aufzubauen. Ihre so erworbenen Fähigkeiten im Verkauf sind für die Vermittlungsfachkräfte der Arbeitsagenturen und Jobcenter sowie für potenzielle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber aber nur schwer einzuschätzen, was eine Integration in den Arbeitsmarkt erschwert. Mit dem Testverfahren MYSKILLS kann verlässlich festgestellt werden, welche fachlichen Kenntnisse und welches Verständnis des beruflichen Handlungsfeldes bereits mitgebracht werden.

Eine Befragung hat gezeigt, dass auch Unternehmen ein hohes Interesse an den MYSKILLS-Testverfahren haben und die Ergebnisse für Bewerbungs- und Einstellungsverfahren gut nutzen können. Schließlich nützt MYSKILLS nicht nur Betroffenen, sondern auch Beratenden und Vermittlungskräften. Sie erlangen Kenntnis darüber, wie ausgeprägt das Handlungswissen einer Person ist und können Betrieben bessere Vorschläge machen sowie geeignete Anschlussqualifizierungen suchen. Schließlich entsteht ein differenziertes Bild, das die Kompetenzen der Testpersonen in verschiedenen Handlungsfeldern abbildet. Für viele könnte das Testverfahren damit ein erster Schritt auf dem Weg zur anerkannten qualifizierten Fachkraft sein.

Für das Berufsfeld Verkauf setzt sich das Ergebnis beispielsweise zusammen aus den Bereichen „Kassieren“, „Bedienen, beraten und verkaufen“, „Verkaufsfördernde Maßnahmen durchführen“, „Warenwirtschaftliche Prozesse durchführen“, und „Im Kundenservice arbeiten“. Jeder Test enthält rund 120 berufsspezifische Fragen, die sich an den aktuellen Berufsbildungsplänen orientieren. Die Bearbeitungszeit beträgt ungefähr vier Stunden. Teilnehmende sehen Videos und Bilder von typischen betrieblichen Praxissituationen und erhalten dazu fachlich anspruchsvolle Fragen. Die Testergebnisse werden automatisch generiert und können bereits am Folgetag in einem Beratungsgespräch diskutiert werden. Anschließend könnten Jobinteressenten das Ergebnis des Tests ihren Unterlagen hinzufügen, um ihr berufliches Können gegenüber Betrieben besser zu dokumentieren.

MYSKILLS kann als Meilenstein des Beratungs- und Vermittlungsgeschehens in Deutschland betrachtet werden. Alle Arbeitsagenturen und Jobcenter bieten den gemeinsam von der Bundesagentur für Arbeit und der Bertelsmann Stiftung entwickelten computergestützten Test derzeit in acht Referenzberufen an. Das sind neben dem Verkauf: Kfz-Mechatroniker/in, Fachkraft für Metalltechnik, Tischler/in, Koch/Köchin, Landwirt/in, Hochbaufacharbeiter/in sowie Bauten- und Objektbeschichter/in. Im Jahresverlauf folgen 22 weitere Referenzberufe.  

  Kristin Hecker