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Künstliche Intelligenz in der Pflege

Warum der Mensch mitgedacht werden muss

Das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) unterstützt mit dem Projekt „Zukunftszentrum Brandenburg“ kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei Zukunftsfragen. Im Branchenschwerpunkt Pflege wird der Mensch in den Mittelpunkt der sozialen und digitalen Transformation gestellt.

Die digitale Transformation hat großes Potenzial die Pflegebranche grundlegend zu verändern. Dabei bietet Künstliche Intelligenz (KI) die Möglichkeit das Pflegepersonal zu entlasten und Pflegebedürftigen mehr Unterstützung und Sicherheit zu geben. Werden die Bedürfnisse der Menschen schon bei der Einführung neuer Technologien stärker berücksichtigt, können Vorbehalte und Widerstände vermieden werden. So kann Digitalisierung auch in der Pflegebranche zu einem Game Changer werden.

Die Pflegebranche ist wahrscheinlich wie keine andere von gesellschaftlichen Umbrüchen durch demografischen Wandel und Fachkräftemangel betroffen. Es fällt ihr jedoch schwer, diesen Herausforderungen mit den digitalen Entwicklungen unserer Zeit zu begegnen. Denn es zeigt sich, dass der Alltag in Pflegeeinrichtungen in weiten Teilen immer noch analog ist. Dabei gibt es bereits einen großen und stetig wachsenden Markt für digitale Unterstützungssysteme in der Pflege, die auch den anstehenden gesetzlichen Vorgaben, zum Beispiel durch digitale Dokumentationspflichten nach dem Krankenhauszukunftsgesetz ab dem Jahr 2025 entsprechen.

Ein Pflege-Expertensystem (PES) kann Pflegepersonal beispielsweise unterstützen, indem es Daten von Pflegebedürftigen und sensorbasierte Daten, die zum Beispiel aus Apps, Armbändern oder Umgebungsparametern erhoben wurden, automatisch analysiert. Daraus leiten sich pflegespezifische Handlungsempfehlungen aus einer Wissensbasis mittels KI ab. So kann das Pflegepersonal durch automatisierte Abläufe im Prozess der Dokumentation entlastet werden. Durch Schnittstellen und gleiche digitale Standards besteht darüber hinaus die Möglichkeit, weitere relevante Daten mit anderen Softwaresystemen im Gesundheitswesen auszutauschen. Die zunehmende Datenmenge ermöglicht somit der KI, immer verlässlichere Vorhersagen von Risiken und Phänomenen zu treffen und präventive Pflegeintervention vorzuschlagen (vgl. Mania 2021, S.11).

Anwendungsbeispiele sind neben automatisierter, sprachgesteuerter Pflegedokumentation auch KI-gestützte Analysen zur Senkung des Risikos von Druckgeschwüren oder intelligente Becher, die ein Trinkprotokoll führen und gegebenenfalls an die Flüssigkeitsaufnahme erinnern. Eine App zur Sturzprävention erfasst mittels Smartphone- oder Tablet-Kamera ein 3D-Gangbild, wertet dieses Algorithmus-gestützt aus und verbindet die Daten mit psychosozialen, körperlichen und umgebungsbezogenen Sturzrisikofaktoren. Diese wiederum werden anhand eines Fragebogens erfasst. Es zeigte sich beim Einsatz der App eine erstaunliche Reduktion des Sturzrisikos von 17,8% (vgl. AOK Baden-Württemberg 2021, S.3).

Die Beispiele zeigen, dass die technologischen Entwicklungen auch in der Pflege weit vorangeschritten sind. Dennoch kommt es immer wieder zu Widerständen bei der Einführung in den Einrichtungen. Das Team des Zukunftszentrum Brandenburg begleitet KMU bei der Bewältigung dieser Herausforderungen und bietet kostenfreie prozessbegleitende Beratungen sowie bedarfsgerechte Qualifizierungen an. So werden Unternehmen dabei unterstützt, die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Das kann Vorbehalte abbauen und den Erfolg des Transformationsprozesses sichern.

Wird dem Pflegepersonal und auch den Pflegebedürftigen die Entscheidungsgewalt bei der Nutzung von digitalen Anwendungen überlassen, bleibt auch ein Gefühl der eigenen Handlungsfähigkeit erhalten. Darüber hinaus sind gute Arbeitsbedingungen und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden weitere Faktoren, die als Indikatoren für eine erfolgreiche digitale Transformation verstanden werden können. Die Angebote des Zukunftszentrum Brandenburg umfassen deshalb auch explizit Teamentwicklungsprozesse, die ggf. eine partizipative Kultur der Arbeit mit flachen Hierarchien, agilen Strukturen und mehr Wertschätzung auf allen Ebenen zum Ziel haben (vgl. Kubek et al 2020, S. 93f.).

Quellen:

AOK Baden-Württemberg (2021): Vernetzte, gruppenbasierte und nachhaltige Prävention zum Mobilitätserhalt im Setting stationäre Pflege. Berlin.

Kubek et al. (Hrsg.) (2020): Digitalisierung in der Pflege. Zur Unterstützung einer besseren Arbeitsorganisation. Berlin.

Mania (2021): Die Digitalisierung verändert (auch) die Pflege. In: Pflege Zeitschrift 11/2021 (74), S.10-12.

Förderhinweis:

Das Projekt "Zukunftszentrum Brandenburg" wird im Rahmen des Programms "Zukunftszentren" durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert sowie vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg aus Mitteln des Landes Brandenburg kofinanziert.