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Mit Verständnis und Geduld Sprachbarrieren abbauen

Sprachsensible Beratung auf dem Weg in den Arbeitsmarkt

Mit Händen und Füßen? Mit digitalen Hilfsmitteln? Mit viel Empathie? Wie gelingt Beratung von Arbeitslosen, wenn Beratene und Beratende über keine oder wenige gemeinsame sprachliche Mittel verfügen? Im Programm TANDEM Sachsen des Europäischen Sozialfonds Plus vom Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz machen Projektmitarbeitende in der psychosozialen und arbeitsmarktorientierenden Beratung vielfältige Erfahrungen in mehrsprachigen Konstellationen. Die Projekte dienen der ganzheitlichen, beschäftigungsorientierten Förderung von Familien zur Bekämpfung von (Langzeit‑) Arbeitslosigkeit, in denen mindestens eine erwachsene Person erwerbslos ist. Etwa ein Drittel der Arbeitssuchenden im Bürgergeldbezug in Sachsen besitzt keine deutsche Staatsbürgerschaft (Bundesagentur für Arbeit (2025), Tab. 1.1). Viele dieser Personen bringen berufliche Qualifikationen und eine hohe Motivation mit, stoßen jedoch bei der Arbeitsmarktintegration auf strukturelle Hürden. Dazu zählen unter anderem langwierige Verfahren zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse – beispielsweise in der Pflege – sowie der Zugang zu spezialisierten berufsbezogenen Sprachkursen, die für viele Tätigkeiten eine Voraussetzung darstellen. In den psychosozialen Beratungen und Jobcoachings der TANDEM-Projekte werden diese Themen mit den Teilnehmenden bearbeitet. Allerdings ist auch hier Sprache ein mögliches Hindernis in der Kommunikation von der beratenen und der zu beratenden Person.

Mehrsprachige Beratungssituationen meistern

Zur Unterstützung der Arbeit in den TANDEM-Projekten stellt die Landesweite Servicestelle TANDEM Sachsen am Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) ein breites Angebotsspektrum von Begleitung über Vernetzung bis hin zu Fachinformationen zur Verfügung. Bei persönlichen Begegnungen erfragen die Mitarbeitenden der Servicestelle Herausforderungen und Unterstützungsbedarfe bei der Betreuung der Bedarfsgemeinschaften. Ein solcher existiert z.B. auch in der sprachsensiblen Beratungsarbeit. Gesprächspartner*innen berichteten von unterschiedlichen Ansätzen in der Arbeit mit Personen mit geringen Deutschkenntnissen: Manche Projekte legen Mindestanforderungen mit Blick auf Deutschkenntnisse fest, um eine Verständigung in der Beratung sicherzustellen. Andere Projekte setzen auf Mehrsprachigkeit im Team. Als Hilfsmittel sind auch digitale Übersetzungsprogramme im Einsatz. Für wichtige Gespräche werden im Einzelfall Dolmetscher*innen hinzugezogen. Wichtig sind zudem „Hände und Füße“ sowie Geduld, wie Projektmitarbeitende erzählen.

Gut trainiert Sprachbarrieren überwinden

Wie Sprachsensibilität in Beratungssituationen umzusetzen ist, konnten Mitarbeitende von TANDEM-Projektträgern im Workshop von f-bb „Schwimmflügel im Sprachbad: Sprachsensibles Handeln in der alltäglichen Arbeit mit Migrant*innen“ erfahren. Es galt, interaktiv zu vermitteln, dass sprachsensibles Handeln über das langsame Sprechen kurzer Sätze hinausgeht. Überrascht waren die Teilnehmenden vom Ansatz, nach Alternativausdrücken mit romanischen Wurzeln zu suchen, da diese durch Sprachverwandtschaften in vielen anderen Sprachen in ähnlicher Art und Weise zu finden sind. So ist z.B. davon auszugehen, dass das Wort „autonom“ für Sprecher*innen vieler Sprachen besser zu verstehen ist als das Wort „selbstständig.

Die Teilnehmenden erhielten zudem einen kurzen Hebräisch-Kurs auf Hebräisch, um ein Gespür dafür zu bekommen, welche Mittel der Verständigung funktionieren, wenn keine gemeinsame Sprachbasis vorhanden ist. Mimik, Gestik sowie visuelle Hilfsmittel wurden von den Teilnehmenden als besonders hilfreich für die Kommunikation wahrgenommen. Auch der Blickkontakt sowie die Aufmerksamkeit für nonverbale Signale tragen zur besseren Verständigung bei. 

Der Workshop machte deutlich: Sprachsensibilität meint nicht nur die Verwendung einfacher Sprache, sondern auch eine hohe Sensibilität für das Gegenüber. Er bot auch Raum für den kollegialen Austausch zum Umgang mit sprachlich herausfordernden Beratungen. Viele machen die Erfahrung, dass Beratungsgespräche trotz Sprachbarrieren gelingen können. Mit hoher Sprachsensibilität, dem Willen zur Verständigung und geeigneten Hilfsmitteln können so in der Beratung Hindernisse auf dem Weg in den Arbeitsmarkt abgebaut werden.

 

Quellenangabe:

Bundesagentur für Arbeit (2025): Migrationsmonitor Sachsen. April 2025 Sachsen Land.  migrationsmonitor-14-0-xlsx.xlsx