InfoForum 01/2020

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Neues Futter für die „Empathie-Maschinen“

f-bb veröffentlicht VR-Lernmaterialien für Schulen und Ausbildungsbetriebe

VR-Brillen wurden in der Ausbildung bisher vor allem dann eingesetzt, wenn das Arbeiten in der Realität gefährlich ist – etwa im Hochvoltbereich oder im Handwerk. Die Technik kann aber noch mehr, zum Beispiel Sozialkompetenzen fördern. Die Brillen ermöglichen es, Konfliktsituationen mittels 360°-Videos wiederholt hautnah zu erfahren und die Konsequenzen unterschiedlicher Handlungsoptionen aus Perspektive verschiedener Personen zu erleben. Wegen dieser Effekte werden sie in der Fachliteratur auch als „Empathie-Maschinen“ bezeichnet. Unternehmen und Schulen erhalten damit eine Technologie, die großes Potenzial bei der Vermittlung von Lerninhalten hat. Das Ergebnis: Sozial kompetente Fachkräfte, die mit neuen Technologien und veränderten (Qualifikations-)Anforderungen in der modernen Arbeitswelt umgehen können.

Das f-bb hat im Projekt SOKO VR-Brille zusammen mit Fachleuten aus unterschiedlichen Berufsfeldern praxisorientierte Lernmaterialien entwickelt, die ab sofort für Schulen und Betriebe kostenfrei zur Verfügung stehen. Sie bestehen im Kern aus 360°-Videos, die typische Konfliktsituationen in der Ausbildung simulieren. Nutzer*innen können dabei entweder die Rolle der*s Auszubildenden oder die der*s Ausbildenden einnehmen. Im Laufe des Konfliktverlaufs werden ihnen verschiedene standardisierte Reaktionsmöglichkeiten angeboten, aus denen sie jeweils eine auswählen können. Die gewählte Reaktion zieht wiederum eine Reaktion des Gegenübers nach sich. Dadurch werden Verhaltensmuster aufgezeigt, die zur Bewältigung eines Konflikts beitragen. Erlebbar sind aber auch die Folgen von Verhaltensmustern, die Konflikte unausgesprochen lassen oder gar zur Eskalation führen. Die wechselseitige Perspektivübernahme beim Rollenwechsel fördert das Verständnis der Konfliktpartner füreinander.

Eingebettet sind die VR-Videos in ein erprobtes Lernsetting, das zusätzlich Erklärvideos, Präsentationen sowie Arbeitsblätter enthält. Lehrkräfte in Berufsschulen und betriebliche Ausbilder*innen erhalten dadurch die Möglichkeit, die Inhalte auf spezifische Ausbildungssituationen anzupassen. Das Lernsetting integriert überdies Arbeitsmaterialien zu benachbarten Themen wie kulturelle Sensibilisierung, Konflikttypen und -strategien oder Grundlagen der Kommunikation.

Das Lernsetting inklusive VR-Videos bietet viele weitere Vorteile. So zeigen Jugendliche in der Regel ein hohes Interesse an VR-Inhalten. Sie werden dadurch zu sozialem Lernen motiviert. Die Umsetzung in Betrieb und Berufsschule ist außerdem einfacher als gedacht. Benötigt werden lediglich zwei Dinge: ein internetfähiges Mobiltelefon, das die Jugendlichen selbst mitbringen, und eine VR-Brille, die mit dem Smartphone verknüpft werden kann. Entsprechende Einstiegsmodelle („Cardboards“) kosten teilweise weniger als ein Euro pro Stück.

Erste Erprobungen in einer 10. Klasse mit 16 Schüler*innen und zwei Lehrkräften an der Berufsfachschule Fertigungstechnik an der Beruflichen Schule 2 Nürnberg zeigten sehr gute Ergebnisse. Nicht nur die Auszubildenden bewerten die VR-Filme und Begleitmaterialien positiv, auch Ausbilder*innen aus Betrieben und Berufsschulen und weitere Expert*innen aus dem (Aus-)Bildungsbereich gaben bei verschiedenen Produktpräsentationen durchweg positives Feedback. Die kostenfreien Materialien und 360°-Filme aus SOKO VR-Brille sind ab sofort verfügbar unter https://lms-sokovr.f-bb.de/. Sie sind in den Kontexten Handel, Kfz und Industrie angesiedelt und fokussieren Konflikte in den Bereichen „Bring- und Holschuld“, „Personaleinsatzplanung“ und „Umgang mit Fehlern“.  

Das Projekt SOKO VR-Brille wurde in der Förderbekanntmachung „Förderung sozialer Kompetenz in der dualen Ausbildung, insbesondere zur Integration von Flüchtlingen“ unter dem Förderkennzeichen 01NN19011 durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.

  Dominique Dauser

  Thomas Schley