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Kunststoff, Kreislauf, Kompetenzen

Weiterbildung als Schlüssel zur Circular Economy

Was wäre, wenn Shampoo-Flaschen, Joghurtbecher oder Baustoffe nicht mehr verbrannt oder nur teilweise recycelt würden, sondern vollständig als wertvolle Ressourcen in den Produktlebenszyklus zurückkehren?

Diese Idee einer Kreislaufwirtschaft erfordert veränderte Produktions- und Logistikprozesse sowie Geschäftsmodelle – und stellt Unternehmen samt Belegschaft auf allen Ebenen vor neue Anforderungen. Wer auf Kreislaufwirtschaft setzt, wird unabhängiger von Lieferketten, reagiert flexibler auf Rohstoffpreise, spart Kosten und gewinnt an Attraktivität bei Geschäftspartnern wie Endverbraucher*innen, die Nachhaltigkeit zunehmend einfordern.

Der Aufbau und der Einsatz zirkulärer Wertschöpfungsketten verlangen komplexere Strukturen und speziell aufeinander abgestimmte Prozesse (Kraft et al., 2022; Wilts, 2021). Die Circular Economy stellt besondere Anforderungen an Mensch, Technologie und Organisation, die einen umfassenden Transformationsprozess notwendig machen (Irrek et al., 2024). Das Kompetenzzentrum der Arbeitsforschung “Kompetenzen aufbauen für die Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen” (KARE) untersucht vor diesem Hintergrund, welche Kompetenzen Mitarbeitende brauchen, um die technologischen und organisatorischen Herausforderungen der Circular Economy zu meistern und wie sich diese durch passgenaue Weiterbildungen vermitteln lassen.

Um eine empirische Grundlage zu schaffen, wurde zunächst eine Bedarfsanalyse unter Recyclern und verarbeitenden Unternehmen der Kunststoffbranche durchgeführt. Basis für die Auswertungen bildeten eine Online-Befragung sowie qualitative Interviews.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Unternehmenslandschaft die Notwendigkeit für eine Transformation zur Kreislaufwirtschaft erkannt hat. So stimmen 84 % von 82 befragten Unternehmen der Aussage „Kreislaufwirtschaft ist aktuell ein zentrales Thema, dem sich unser Unternehmen gegenwärtig verstärkt widmet“ auf einer vierstufigen Skala eher oder voll und ganz zu. Dabei verfolgen die Unternehmen vor allem die Ziele einer wirtschaftlichen Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit (89 % Zustimmung auf einer fünfstufigen Skala) sowie einer Steigerung der Ressourceneffizienz (87 % Zustimmung). Beide Ziele gründen auf einer besseren Wirtschaftlichkeit, was nahelegt, dass sich Unternehmen von einer Kreislaufwirtschaft insgesamt eine bessere Marktposition versprechen.

Einen weiteren zentralen Baustein bilden die Anwendungsszenarien. Darin werden unterschiedliche Prozesse erprobt, die für die Kreislaufwirtschaft relevant sind – zum Beispiel ein „Design for Sustainability“, die Qualifikation von Kunststoffrezyklaten (recycelte Kunststoffgranulate als Rohstoff) oder eine bessere Sortierung und Wiederverwendung von Produktionsresten. Dabei wird u. a. untersucht, wie beim Designprozess von Kunststoffprodukten mehr auf Nachhaltigkeit geachtet werden kann (z. B. durch den Einsatz nachhaltigerer Materialien oder eine bessere Wiederverwertbarkeit einzelner Komponenten) oder welches Wissen und welche Kompetenzen für (Rohstoff‑)Beschaffungsprozesse, die sich bei Rezyklaten von denen bei Neuware unterscheiden, notwendig sind.

Vor dem Hintergrund, dass die befragten Unternehmen neben hohen Investitionskosten (85 % der Unternehmen sehen hier Herausforderungen) vor allem ein fehlendes Fachwissen (66 %) als Schwierigkeit für den Einsatz neuer Technologien für eine Kreislaufwirtschaft sehen, setzt die weitere Zielsetzung von KARE an der richtigen Stelle an: Die in den bisher beschriebenen Arbeiten gesammelten Erfahrungen werden in einem nachgelagerten Prozess zur Ausarbeitung passgenauer Qualifizierungen genutzt – für alle Ebenen des unternehmerischen Handelns. Dabei geht es neben technologische Fragen – etwa welche Anforderungen Rezyklate erfüllen müssen – auch um den Aufbau funktionierender Kommunikationsstrukturen (zum Beispiel in der Zusammenarbeit mit Lieferanten oder Abnehmer*innen). Weiterhin stehen Wege, die mit der Kreislaufwirtschaft verbundenen Werte in der Belegschaft zu verankern, im Fokus.

KARE gibt transformationsbereiten Unternehmen ein stetig wachsendes Angebot an Handlungsempfehlungen und Qualifizierungen zur Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft an die Hand. Das f-bb unterstützt das Projekt mit seiner Expertise und Erfahrung in der Identifikation von Kompetenzbedarfen und im Aufbau entsprechender Qualifizierungsangebote.

Detaillierte Einblicke in die Arbeit des Kompetenzzentrums, weitere Erkenntnisse aus den Forschungsarbeiten und Publikationen können unter https://www.kare-kompetenzzentrum.de eingesehen werden.

 

Literatur:

Kraft, M. H. G., Christ, O. & Scherer, L. (Hrsg.). (2022). essentials. Management der Kreislaufwirtschaft. Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-39225-3

Irrek, W., Handmann, U. & Büttner, S. (2024). Transformation zur Circular Economy kompakt. In S. Büttner, U. Handmann & W. Irrek (Hrsg.), Sustainable Development Goals (SDG) – Umsetzung in Praxis, Lehre und Entscheidungsprozessen. Transformation zur Circular Economy (S. 239–244). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-43338-3_16

Wilts, H. (2021). Zirkuläre Wertschöpfung – Aufbruch in die Kreislaufwirtschaft. Zirkuläre Wertschöpfung – Aufbruch in die Kreislaufwirtschaft