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Kleine Anstupser mit großer Wirkung

Green Nudging im Unternehmen

Nachhaltigkeit gehört nicht (nur) ins Strategiepapier, sondern in den Alltag. Green Nudging zeigt, wie das gelingen kann: kleine, gezielte Anstupser, die Mitarbeitende motivieren, nachhaltiger zu handeln. Denn damit aus abstrakten Zielen konkrete Maßnahmen entstehen, braucht es kreative Methoden. Sie helfen, greifbare Ansätze zu entwickeln und Mitarbeitende aktiv einzubeziehen.

Im Zukunftszentrum Brandenburg wurde ein Lernkonzept entwickelt und erprobt, das genau hier ansetzt. Mitarbeitende eines Unternehmens aus der Hotel- und Gastrobranche wurden durch einen Prozess begleitet, um erste Ideen für mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen zu entwickeln. Ziel war es, im Sinne des Nudging-Ansatzes kleine, machbare und einfach umsetzbare Elemente zu entwickeln und praktisch einzuführen.

Die Abbildung zeigt einige Beispiele.

 

Das Konzept des Nudging beschreibt kleine Anstupser, die das Verhalten oder die Aufmerksamkeit von Menschen in eine bestimmte Richtung lenken sollen (Thaler & Sunstein, 2009). Dabei werden etablierte Gewohnheiten durchbrochen, Normen verändert, Entscheidungsoptionen beeinflusst und Fehleinschätzungen hinterfragt. Beispielsweise können Informations-Nudges bisher fehlende Informationen sichtbar machen (z.B. Anzeigen des Wasserverbrauchs). Situations-Nudges können Entscheidungen beeinflussen (z.B. Voreinstellung von doppelseitigem Drucken spart Papier und der Aufwand für einseitiges Drucken ist erhöht). Unterstützungs-Nudges sind beispielsweise Fitness-Apps oder Smartwatches, die zu mehr Bewegung motivieren.

Wie entstehen eigene Green Nudges für mehr Nachhaltigkeit?

Im Unternehmensbeispiel wurde ein klarer Prozess umgesetzt (Vetter et al., 2020):

Schritt 1: Problembestimmung

Zunächst wird definiert, welche Verhaltensweisen verändert werden sollen und in welche Richtung. Dazu werden bestehende Verhaltensmuster der Mitarbeitenden (Ist-Zustand) sowie das angestrebte Verhalten (Soll-Zustand) erfasst und mithilfe einer bereitgestellten Arbeitshilfe beschrieben. Im Beispielunternehmen wurde u.a. das Problem der teils fehlenden oder falsch durchgeführten Mülltrennung ersichtlich.

Schritt 2: Verhaltensanalyse

Im nächsten Schritt werden die Ursachen für das unerwünschte Verhalten in den Blick genommen (z.B. fehlendes Verständnis, mangelnde Selbstkontrolle, fehlende Aufmerksamkeit), um damit mögliche Ansatzpunkte für geeignete Nudges zu beschreiben. Je nach Ursache lässt sich die geeignete Nudge-Art ableiten. Im Falle des Unternehmens wurde diskutiert, dass vor allem fehlende Information und ein damit einhergehendes Verständnisproblem die Hauptursache darstellt. Viele Mitarbeitende wissen nicht genau, wie der Müll richtig getrennt wird. Durch die Arbeitshilfe konnte das Team herausfinden, dass zur Lösung des Problems ein Informations-Nudge hilfreich sein könnte.

Schritt 3: Lösungsfindung

Für das identifizierte Problem werden erste Ideen bezogen auf die ausgewählte Nudge-Art entwickelt und bewertet. Die differenzierte Bewertung auf Basis von Aufwand und Akzeptanz des möglichen Nudges trägt stark zum späteren Nutzen des Nudges bei. Das Unternehmen entwickelte mehrere Ideen, eine davon war die Entwicklung von Aufklebern, welche nach der Bewertung für effektiv und schnell umsetzbar erachtet wurden.

Schritt 4: Umsetzung

Ist die Entscheidung gefallen, wird die entwickelte Idee umgesetzt. Im Beispiel entstand so ein Ansatz mit klaren, gut sichtbaren Hinweisen an den Müllstationen, der die Trennung erleichtert und Mitarbeitende dabei unterstützt, diese besser umzusetzen.

Der gesamte Prozess wurde gemeinsam mit der Belegschaft erarbeitet, die selbst Ideen für Verbesserungen im Unternehmen entwickelt haben. Auf diese Weise konnte das bestehende Interesse der Mitarbeitenden am Thema Nachhaltigkeit gezielt aufgegriffen und gestärkt werden. Darüber hinaus leisten die entwickelten Maßnahmen einen Beitrag zur Optimierung interner Prozesse und zur Förderung nachhaltiger Unternehmenspraktiken.

Im Rahmen praxisnaher Projekte des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung (f-bb), wie hier im Falle des Zukunftszentrums Brandenburg, zeigt sich, dass mit derartigen Ansätzen große, oft abstrakte Themen der veränderten Arbeitswelt greifbar und erlebbar gemacht werden. Unternehmen bieten dafür den Experimentierraum und schaffen damit Lernräume für die Belegschaft, neue Themen in Angriff zu nehmen und sich aktiv einzubringen. 

Das Zukunftszentrum Brandenburg wird gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert sowie vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz des Landes Brandenburg aus Mitteln des Landes Brandenburg kofinanziert.

 

Literatur:

Thaler, R. H., & Sunstein, C. R. (2009). Nudge. Penguin.

Vetter, M., Rauber, J., Münsch, M., & Thorun, C. (2020). Leitfaden zur Erarbeitung von Nudges. Green-Nudging.de. Bremer Energie-Konsens GmbH. Verfügbar unter: green-nudging.de/wp-content/uploads/2020/06/Green-Nudging_Leitfaden.pdf