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Berufsbegleitend qualifizieren – ein Gewinn für alle!

Wie betriebliche Integration von Geflüchteten durch Weiterbildung gestaltet werden kann

Wenn Fachkräfte fehlen und die Belegschaft internationaler wird, gewinnt berufsbegleitende Qualifizierung an Bedeutung. Sie bietet nicht nur eine Antwort auf Qualifikationslücken, sondern auch eine Chance zur nachhaltigen Integration von Menschen mit Migrationserfahrung in den Arbeitsmarkt. Mit dem 2023 von der Bundesregierung initiierten JobTurbo zur Arbeitsmarktintegration Geflüchteter rückt in der dritten Programmphase („Stabilisierung und Ausbau der Beschäftigung“) die Weiterqualifizierung von Beschäftigten in den Mittelpunkt.

Das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) nimmt im Rahmen verschiedener Projekte die betriebliche Perspektive in den Blick. Dabei zeigt sich, dass Unternehmen vor allem dann in die Weiterbildung internationaler Fachkräfte investieren, wenn die Unterstützungsangebote leicht zugänglich sind. Außerdem sollte aus Betriebsperspektive sichtbar sein, welche Vorteile personelle und finanzielle Investitionen für das Unternehmen bringen.

Qualifizieren im Arbeitsprozess – eine Win-win-Situation

Erfahrung zur Qualifizierung am Lernort Betrieb sammelte das f-bb unter anderem über sein Transferprojekt Betriebliche Begleitagentur bea-Brandenburg. Dieses Projekt wird vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz des Landes Brandenburg gefördert und unterstützt Brandenburger Betriebe dabei, Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung einzustellen, zu beschäftigen und weiterzubilden. Ein gefragtes Format des Projektes ist die „Betriebliche Qualifizierung mit Sprachkomponente (BQS)“, ein niedrigschwelliges berufliches Angebot, das direkt im Betrieb umgesetzt werden kann. Zielgruppe sind Beschäftigte, die für eine bessere Integration im Unternehmen betriebs- und berufsbezogene Sprachkenntnisse benötigen. Der Bedarf ist groß: Laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) ist eine (Weiter-)Qualifizierung für fast jeden zweiten Betrieb eine zentrale Voraussetzung für die Beschäftigung von Geflüchteten (DGFP 2025, S. 25). Zwei Drittel der Unternehmen messen demnach berufsbegleitenden Sprachkursen eine hohe Bedeutung bei (ebd., S.27).

Durch arbeitsplatzintegrierte Qualifizierungen können Beschäftigte sich weiterbilden, ohne ihre Erwerbstätigkeit zu unterbrechen. So werden individuelle Lebenslagen berücksichtigt und die Bindung an den Betrieb gestärkt. Für Betriebe bedeutet das: Sie behalten ihre Mitarbeitenden, fördern deren Kompetenzen und können sie gezielt in neue Aufgaben einbinden. Damit eröffnen sich ihnen neue Wege der Personalentwicklung - und die Fachkräftebasis wird gesichert.

Betriebe als Lernorte: Strukturiert vorgehen – gezielt unterstützen

Damit berufsbegleitende Qualifizierungen gelingen, müssen Betriebe bereit sein, sich als Lernorte zu verstehen und entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Menschen mit Migrationserfahrung bringen vielfältige Kompetenzen mit – fachlich, sprachlich, kulturell. Um diese Potenziale im Betrieb nutzen zu können, braucht es strukturierte Qualifizierungen, die sich an den individuellen Lebenslagen und Bedarfen orientieren. Betriebe profitieren davon, wenn sie Weiterbildungsprozesse strategisch planen und dabei u.a. folgende Schritte berücksichtigen:

  • Bedarfsanalyse: Welche Kompetenzen fehlen? Welche Sprachkenntnisse sind notwendig? Welche individuellen Voraussetzungen bringen die Mitarbeitenden mit?
  • Planung und Organisation: Welche Formate passen zum betrieblichen Alltag? Wie lassen sich Lern- und Arbeitszeiten sinnvoll kombinieren?
  • Begleitung und Mentoring: Wer unterstützt die Lernenden im Alltag? Wie können Herausforderungen frühzeitig erkannt und adressiert werden?
  • Kooperationen nutzen: Bildungsträger, Kammern oder andere Betriebe können wertvolle Partner sein, um Ressourcen zu bündeln und Expertise einzubringen.
  • Fördermittel einbinden: Programme wie das Qualifizierungschancengesetz oder Berufssprachkurse bieten finanzielle Entlastung und eröffnen neue Perspektiven – sowohl für Betriebe als auch für Mitarbeitende.

Die „Checkliste für Betriebe“ der IQ Fachstelle Anerkennung und Qualifizierung bietet hier wertvolle Anregungen – von der Bedarfsanalyse über die Planung bis zur Nachbereitung berufsbegleitender Weiterbildungen. Solche Instrumente gezielter Personalentwicklung eröffnen einen nachhaltigen Weg zur betrieblichen Integration von Mitarbeitenden mit Flucht- und Migrationserfahrung. Sie werden passgenau auf die erforderlichen Berufsprofile vorbereitet und direkt in die betrieblichen Abläufe eingebunden. Die Praxiserfahrungen von bea-Brandenburg zeigen: Dieser Ansatz hat sich als wirksames Instrument zur langfristigen Bindung von Fachkräften bewährt.

Qualifizieren heißt investieren – in Menschen und Zukunft

Vielfalt leben, Integration gestalten, Fachkräfte sichern – berufsbegleitende Qualifizierung macht es möglich. Unternehmen, die diesen Weg gehen, investieren doppelt: in ihre Mitarbeitenden und in ihre eigene Zukunft. So entsteht soziale Nachhaltigkeit, die weit über den eigenen Betrieb hinaus wirkt.

 

Quellenangabe:

Bundesagentur für Arbeit & Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (2025): FOLGE-BEFRAGUNG ZUR BESCHÄFTIGUNG VON GEFLÜCHTETEN MENSCHEN MIT GRUNDSTÄNDIGEN DEUTSCHKENNTNISSEN. Mai 2025.  https://www.arbeitsagentur.de/datei/befragung-ba-dgfp-beschaeftigung-gefluechtete-menschen_ba053011.pdf